2013-03-01

Fleischfrei die Zweite

 










Ihr kennt das höchst wahrscheinlich. Ihr lest etwas, das euch erst einfach interessiert und danach sitzt ihr nachdenklich im Irgendwo, denkt über Gott und die Welt nach und zweifelt an eurem eigenen Dasein. Und das heißt nicht, der Text zieht euch mit seiner negativen Aura runter, sondern er hat euch irgendwo berührt – wahrscheinlich hat er damit genau das getan, was jeder Text tun sollte.
Verursacht wurde mein aktueller Gedankenstau vom Seminarsprojekt einer Kommilitonin, das von Tierhaltung bzw. Behandlung von Tieren handelt. Sie musste dazu einen Blog anlegen und über ihre Gedanken zum Thema berichten, unter anderem zum aktuellen Thema Pferdefleisch in Lidl Lasagnen. Ich als Newcomer auf dem Gebiet sah mich also dazu auserkoren mir ihre verschriftlichten Gedanken zu Gemüte zu führen. 'Quälerei', 'Gefangener' und 'Verschwendung' sind nur ein paar der vielen ehrlichen Worte, die die langjährige Vegetarierin mit Tierhaltung in Verbindung bringt und zugegeben kein falsches Wort darüber verliert.

 













































Und da ist es auch schon: das schlechte Gewissen. Ich habe Hund und Katze, lebe selber seit meiner Kindheit mit Tieren zusammen. Aber warum bin ich ein fleischfressendes Etwas der ersten Stunde, das nicht auf saftige Steaks und rohen Fisch verzichten kann?

Und wie ich so in meinen Gedanken herumschwirre, erinnere ich mich wieder.
I have a dream - oder besser gesagt 'had': 

Es ist doch einfach immer dasselbe. Noch vor 7 Wochen, nur kurz bevor ich nach Kopenhagen aufbrach, habe ich mir geschworen dem Fleisch Ade zu sagen und etwas für die Umwelt zu tun. Denn ich weiß sehr wohl über die Umstände in der widerlichen Fleischindustrie Bescheid. Ich habe sowohl Vegetarier als auch unlängst Menschen mit veganer Ernährung in meinem Freundeskreis und bewundere sie nicht nur um ihren Verzicht, sondern vielmehr um ihre Willensstärke. Über dieses Vorhaben habe ich dann postwendend meine engsten Freunde informiert und so viel Überzeugungskraft geleistet, das mir vorübergehend geglaubt wurde.

In Kopenhagen angekommen wundere ich mich schließlich erst großkotzig über die hohen Fleischpreise und sehe mich schon hinter der Zielline im Vegetarierland und da ist es: das unwürdigste vom Unwürdigen (dies ist keine Wertung, sagen wir es ist eine persönliche Einschätzung), reduziertes Billigfleisch vom Discounter. Plötzlich ist Fleisch doch nicht mehr teuer und die Lust, die vorher nicht da war, geht über in: Oh ja, Curryhühnchen mit Reis oder nein, Steak mit Salat und aus dem Hinterstübchen tönt es Spaghetti Bolognese. Was besseres gibt’s nicht.
Die Antwort heißt aber eigentlich: doch, das gibt es sehr wohl. Nur sind die Alternativen zu lecker Frischfleisch entweder maßlos überteuert oder die Ernährung beschränkt sich auf Gemüse garniert mit Gemüse eben. Als Fleischfresser hat man nicht selten beim Anblick von vegetarischen Gerichten ein Gefühl von 'Da fehlt doch was' oder ' Das macht nie im Leben satt'. Dass das nicht stimmt, weiß ich auch, und dennoch: Fleisch in den Wagen, nicht drüber nachdenken, weitergehen zum Gemüse. Ach fühlt sich das gut an und dahin sind all die guten Vorsätze. Ich klinge nun wie eine einfache Schwindlerin? Ja, und so fühlt es sich tatsächlich an. Aber ich denke, es steckt mehr dahinter.

Denn ist es nicht allzu oft der Fall, dass man sich hochmotiviert etwas vornimmt und am Ende vorallem und in jedem Fall hinter seinen eigenen Erwartungen zurückbleibt? Man hofft dann nur, dass man niemandem von seinen Plänen und Zielen erzählt hat und einen somit keiner mit seinem Versagen konfrontieren kann. 10 Kilo im nächsten halben Jahr verlieren? - Kein Problem. 1 Jahr kein Fleisch mehr essen? - Klar, es gibt doch Gemüse. 4 Mal die Woche im Fitnessstudio auspowern? - Klar, danach fühle ich mich viel besser.
Die wahren Antworten zu den Fragen ein bis drei sind jedoch in den meisten Fällen: Ich kann und will einfach nicht auf Schokolade verzichten. Neben dem Gemüse fehlt was, ich dachte wir wollten grillen. Klar will ich ins Fitnessstudio, aber die neue Staffel Grey's Anatomy läuft doch diese Woche an.

Ja wir belügen und betrügen uns selber und ja, oftmals haben wir einfach nicht die Willensstärke, um einen Plan zu 100% zu verfolgen und gehen darin verloren. Auch, wenn wir es eigentlich und von ganzem Herzen wollen.
Natürlich kann man als einzelner nicht Superhelden - like die ganze Welt verändern, aber sich selbst sehr wohl. Und auch, wenn man oftmals versagt und sein Ziel nicht erreicht, warum gleich aufgeben? Wer will mir erzählen, dass man ab und an nicht ein paar Anläufe braucht, um etwas zu schaffen? Wer meistert schon problemlos einen Marathon beim ersten Mal. Und auch, wenn man eine schwierige Klausur beim ersten Mal nicht gleich besteht, wird man nicht als heuchlerisch abgestempelt. Manche Dinge brauchen nun einmal ein, zwei oder auch drei Anläufe. Und deshalb wage ich nach den eindrücklichen Worten meiner Kommilitonin ab heute einen neuen Versuch. Patricia von und zu Fleischlos, here I am.Wünscht mir kein Glück, sondern appelliert an meine Willensstärke.

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